27.10.2020 | Pressemitteilung
Zum gegenwärtigen Streit um die Entschädigung der Hohenzollern erklärt das Geschichtsforum beim SPD-Parteivorstand:
1. Eine demokratische Kultur braucht den Konflikt und ein plurale Vergegenwärtigung der Vergangenheit. Daher verurteilt das Geschichtsforum die juristischen Versuche der Familie Hohenzollern, durch Abmahnungen und Klagen Historiker*innen und Journalist*innen einzuschüchtern. Dieses Vorgehen ist geeignet, kritische Stimmen mundtot zu machen und die Freiheit der Wissenschaft zu gefährden.
2. Wir unterstützen deshalb die Initiative für die Einrichtung eines „Prinzenfonds“ für die Verteidigung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit (https://fragdenstaat.de/aktionen/prinzenfonds/), der betroffenen Kolleginnen und Kollegen juristische Hilfe anbietet.
3. Wir fordern die Bundesregierung sowie die Länder Berlin und Brandenburg auf, die Verhandlungen über Entschädigungsfragen so lange auszusetzen, bis alle Klagen gegen die Betroffenen zurückgenommen sind. Einen Vergleich mit der Familie Hohenzollern halten wir in diesem Klima der Angst für falsch.
4. Künftige Gespräche müssen transparent und in ihrem Ergebnis für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein. Es darf keinen Vergleich geben, der die Frage der historisch-politischen Verantwortung der Hohenzollern ausklammert.
5. Die Rolle der Hohenzollern beim Aufstieg des Nationalsozialismus ist seit langem Gegenstand zeithistorischer Forschung. Eine große Mehrheit der fachlich ausgewiesenen Zeithistoriker*innen beantwortet diese Frage – unabhängig von parteipolitischen Präferenzen – seit vielen Jahren sehr eindeutig und sieht eine besondere Verantwortung beim Kronprinzen Wilhelm von Preußen und seinem Bruder August Wilhelm.
6. Durchsichtig sind alle Versuche, akademische Minderheitenpositionen für die juristische Klärung von Entschädigungsfragen zu instrumentalisieren. Die Verhandlungsführer sollten auf diese Strategie nicht hereinfallen und sie zurückweisen.