31.10.2019
Erste Arbeitssitzung des Geschichtsforums
Das neue SPD-Geschichtsforum hat sich am 25. und 26. Oktober 2019 in Berlin zu seiner ersten Arbeitssitzung getroffen. Die Mitglieder des Forums und Vertreter regionaler Historischer Kommissionen der SPD sprachen u. a. über verschiedene Initiativen zur Errichtung neuer Lern- und Gedenkorte für die Opfer der NS-Besatzungspolitik im Zweiten Weltkrieg und über das geplante „Archivzentrum SED-Diktatur“. Prof. Dr. Ralf Roth (Frankfurt/Main) stellte erste Ergebnisse einer Untersuchung zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Lebenslage von Arbeitnehmer*innen vor. Debattiert wurde auch eine im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung erarbeitete Studie zur Geschichtspolitik der AfD.
Konsens besteht im Geschichtsforum darüber, dass die Planung und Errichtung möglicher neuer Gedenk-, Lern- und Informationsorte zu den Gewaltverbrechen des NS-Regimes im Zweiten Weltkrieg nicht entlang ethnischer oder nationaler Kriterien und Grenzen verlaufen sollte. Der ursprünglichen Initiative für ein reines Denkmal ausschließlich für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft in Polen steht das Geschichtsforum daher skeptisch gegenüber. Kritisch sieht das Geschichtsforum auch den Vorschlag, mit einem Denkmal nur die Opfer des NS-Vernichtungskriegs in Mittel- und Osteuropa zu ehren, denn auch in Griechenland und anderen südosteuropäischen und westeuropäischen Ländern fielen Zehntausende Menschen der deutschen Besatzungspolitik zum Opfer. Daher plädiert das Geschichtsforum für eine integrierte Lern- und Erinnerungsstätte für alle Opfer der NS-Gewaltherrschaft in Europa. Diese in die bestehende Gedenkstättenlandschaft (z. B. Topographie des Terrors) einzufügen, wird eine Herausforderung sein, der sich auch das Geschichtsforum stellen will. Wir plädieren für eine von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien einzuberufenden Gesprächsrunde zwischen allen in diesem Bereich tätigen Institutionen.
Im Zuge der Überführung der Stasi-Unterlagen in das Bundesarchiv soll in Berlin-Lichtenberg ein Archivzentrum entstehen, in das auch die Aktenbestände der „Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ (SAPMO) eingebracht werden sollen. Im Gespräch ist, die zu errichtende Institution „Archivzentrum SED-Diktatur“ zu nennen. Für das Geschichtsforum der SPD ist es unvorstellbar, dass künftig z. B. der Nachlass von August Bebel, heute Teil der SAPMO, künftig in einem „Archivzentrum“ liegen soll, das ausdrücklich der Aktenüberlieferung der SED-Diktatur gewidmet ist. Das Geschichtsforum erwartet, dass eine Lösung gefunden wird, die eine derartige Vermengung vermeidet. Dazu möchten wir das Gespräch mit der SPD-Bundestagsfraktion suchen.
Ebenfalls zusammen mit der Fraktion möchte das Geschichtsforum die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zu den Orten der Demokratiegeschichte begleiten. Die Förderrichtlinien, die der Verteilung der geplanten Summe von 10 Millionen Euro pro Jahr zugrunde liegen werden, sollten nach der Vorstellung des Forums vorrangig lokale und regionale Initiativen als Empfänger von Zuschüssen berücksichtigen.
Für den Herbst 2020 plant das Geschichtsforum eine Konferenz, deren Rahmenthema „Krisen, Wendepunkte, Neuanfänge – Zur Geschichte des Umgangs der SPD mit neuen gesellschaftlichen Herausforderungen“ lauten wird. Es soll um Beiträge zur Reaktion der SPD (Wahlkampf, Programmatik, Tagespolitik) auf ausgewählte Umbrüche, Krisenphänomene und Herausforderungen seit ihrer Gründung gehen, aber nicht nur um „Gegen“-Bewegungen, sondern auch um positive Kampagnen und erfolgreiche Mobilisierungen. Im Forum hat sich eine Arbeitsgruppe zur Konkretisierung der Planungen gebildet.
Auch dem 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und der Wiedererrichtung der SPD im Jahr 1945 wird sich das Geschichtsforum widmen. Lokale und regionale Gruppen der SPD sollen ermuntert und unterstützt werden, dem Wiederbeginn legaler sozialdemokratischer Arbeit nachzugehen und daran öffentlich zu erinnern.
Im April 2020 wird sich das Geschichtsforum an einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz zum 200. Geburtstag von Friedrich Engels beteiligen. Die Tagung wird von Detlef Lehnert und Christina Morina vorbereitet, beide Mitglieder des Geschichtsforums.
Am 27. und 28. März 2020 trifft sich das Geschichtsforum zu seiner nächsten Arbeitssitzung. Zuvor wird es auf dem SPD-Bundesparteitag vom 6. bis 8. Dezember 2019 in Berlin präsent sein.
Kristina Meyer Bernd Rother